Eine Insel ganz pur – meine kulinarische Entdeckungsreise auf Sylt

Für unse­re The­men­me­nü “Sylt Pur” beschäf­tig­ten wir uns im Juli in der Küche des Söl’ring Hof aus­schließ­lich und aus­führ­lich mit den ein­zig­ar­ti­gen Pro­duk­ten, die unse­re Nord­see­insel zu bie­ten hat. Im Rah­men der Vor­be­rei­tun­gen, Pla­nung und Pro­dukt­su­che begab ich mich auf eine klei­ne Ent­de­ckungs­tour auf Sylt. Bereits im Win­ter des Vor­jah­res setz­te ich mich an die kuli­na­ri­sche Pla­nung der nächs­ten Mona­te und beschäf­tig­te mich mit der Fra­ge: Wor­auf will ich in nächs­ter Zeit den Fokus legen? Wel­che neu­en Metho­den möch­te ich aus­pro­bie­ren? Wo bedarf es noch einer gewis­sen Wür­ze? Wel­che Pro­duk­te rei­zen mich? Und wel­chen Mehr­wert kann ich unse­ren Gäs­ten bie­ten? Doch war­um immer in die Fer­ne schwei­fen, schließ­lich liegt das Gute – näm­lich die Insel Sylt mit ihren Mee­ren, Wie­sen, Gär­ten und Fel­dern – so unglaub­lich nah! 
Zwar spie­gelt sich die Phi­lo­so­phie der Regio­na­li­tät sowie­so in unse­rer täg­li­chen Arbeit und in jedem unse­rer Gerich­te des Degus­ta­ti­ons­me­nüs wider – schließ­lich sind wir dau­er­haft mit der Insel ver­bun­den. Jedoch reiz­te mich der Gedan­ke, mich ein­mal nur auf das Poten­zi­al Sylts zu fokus­sie­ren. Der Som­mer eig­net sich dafür beson­ders gut, da Sylt zu die­ser Jah­res­zeit die größ­te Viel­falt bie­tet und wir uns den Genuss­wert der Pro­duk­te am bes­ten zu Nut­ze machen kön­nen. Pur und ohne geschmack­li­che Umwe­ge. Und so fass­te ich den Ent­schluss, mei­ne Wahl­hei­mat und beruf­li­che Wirk­stät­te noch­mal ganz bewusst zu ent­de­cken, den Dia­log mit regio­na­len sowie befreun­de­ten Pro­du­zen­ten zu suchen und Pro­duk­te zu fin­den, wie sie “syl­ti­scher” nicht sein konn­ten.

Von der Idee, über den Weg bis zum Ziel

Bevor ich jedoch wuss­te, wonach ich eigent­lich genau suchen soll­te galt es, die Kom­ple­xi­tät eines Menüs auf die Grund­stei­ne her­un­ter­zu­bre­chen: Sind über­haupt die nöti­gen Grund­vor­aus­set­zun­gen in der Regi­on gege­ben? Haben wich­ti­ge Basis­pro­duk­te wie Milch und Eier einen Ursprung auf der Insel? Wel­chen Spiel­raum hat man bei den Rei­fe­gra­den? Wel­che Vor­lauf­zeit brau­chen bestimm­te Lebens­mit­tel und müs­sen sie extra noch ange­baut wer­den? Auf wel­che bestehen­den Kon­tak­te und Lie­fe­ran­ten kann ich zurück­grei­fen? Und so begann schließ­lich mei­ne Recher­che und Rei­se, deren Ziel ein viel­fäl­ti­ges und pures 5‑Gänge Menü mit Syl­ter Pro­duk­ten sein wür­de, dass die Insel von all ihren Sei­ten zeigt. 

– Die f®ische Sylter Selbstverständlichkeit –

  1. Gang: Von Hör­num nach List: Makre­le • Aus­ter • Schne­cke • Muschel

Zuerst führ­te mein Weg mich nach Hör­num. Hin­ter dem Buder­sand Hotel gibt es eine Stel­le, an der bei Ebbe fla­che Stein­plat­ten zum Vor­schein kom­men. Ein Para­dies für Strand­schne­cke – und für mich, um die­se frisch zu sam­meln. Genau­so frisch bezie­hen wir regel­mä­ßig unse­re Mies­mu­scheln für unse­re Küche: Ein Pro­dukt, wel­ches ich eben­falls unbe­dingt in die­ses beson­de­re Menü inte­grie­ren woll­te. Um die Her­kunft der Makre­len – die ich von einer Sei­te gegrillt und mit Holun­der­vin­ai­gret­te ver­fei­nert ser­vie­ren woll­te – muss­te ich mir eben­falls kei­ne Gedan­ken machen, kön­nen wir doch auf freund­schaft­li­che Kon­tak­te zu hie­si­gen Fischern zurückgreifen.

Letz­te Sta­ti­on mei­ner Tour ent­lang der Wat­ten­meer­küs­te war dann List. Zum einen die Hei­mat der Lami­na­ria sac­cha­ri­na, der kul­ti­vier­ten Syl­ter Braun­al­ge, die den ers­ten Gang des The­men­me­nüs ver­fei­nern soll­te. Zum ande­ren der her­aus­ra­gen­den Syl­ter Roy­al, dem Garant für außer­ge­wöhn­li­chen Aus­tern­ge­nuss. Schon lan­ge bezie­hen wir unse­re im Söl’ring Hof ser­vier­ten Aus­tern von den Bän­ken in List, um genau­er zu sein stam­men die­se aus der Blit­zel­bucht. Eine Selbst­ver­ständ­lich­keit, dass sie Bestand­teil eines “puren Sylts” sein wür­de und zwar am bes­ten in ihrer reins­ten Form.

Zu guter Letzt mach­te ich noch einen Schlen­ker zu den Salz­wie­sen gegen­über des Söl’ring Hof. Hier – an einer der schmals­ten Stel­len der Insel – ist der Weg zu den dort wach­sen­den, den Natur­ge­wal­ten und Salz­ge­hal­ten der Nord­see strot­zen­den Pflan­zen nicht weit. Die­se besit­zen eine ganz eige­ne und herr­lich jodi­ge Typi­zi­tät, die die per­fek­te Krö­nung des ers­ten Gangs unse­res “Sylt Pur” Menüs dar­stel­len sollte.

– Die kraftvolle Seite Sylts – 

  1. Gang: Tatar vom Keit­u­mer Gal­lo­way • Brü­he • Bete • Meerrettich

Auf Sylts Dei­chen tum­meln sich zahl­rei­che Gal­lo­way-Rin­der. Ein Groß­teil der präch­ti­gen Tie­re gehört Thei­de Ander­sen, Inha­ber der Syl­ter Land­schlach­te­rei. Er ver­band die Leh­ren des Flei­scher-Meis­ters und des Kochs und über­zeugt seit der Über­nah­me des Fami­li­en­be­triebs mit einem beson­de­ren Gespür für die Erwar­tungs­hal­tung und Vor­stel­lung der Kun­den an ein Syl­ter Natur­pro­dukt. Den Kon­takt zu Thei­de her­zu­stel­len war nicht schwer, da ich ihn seit mei­ner Zeit bei Jörg Mül­ler von vor zehn Jah­ren ken­ne. Und so stat­te­te ich ihm einen Besuch auf sei­nem Hof ab und such­te mit dem Fach­mann das Gespräch zu sei­nen Tie­ren, den Pro­duk­ten, der Rei­fung und Zube­rei­tung. Mir war schnell klar, dass man unse­ren Gäs­ten so ein sen­sa­tio­nel­les Fleisch von so beson­de­rer Qua­li­tät nicht vor­ent­hal­ten durf­te. In Ver­bin­dung mit fri­schem Gemü­se wie Ret­tich und Bete aus unse­rem Mor­su­mer Bau­ern­gar­ten ent­wi­ckel­te sich so ein zwei­ter Gang, bei dem das Tatar vom Keit­u­mer Gal­lo­way ganz pur für sich ste­hen sollte.

– Die unerwarteten Seiten Sylts– 

  1. Gang: Jung­hen­nen Ei aus Mor­sum • Dicke Boh­ne • Nordseekrabben

Kaum ein Gericht funk­tio­niert ohne Eier. Ob als geschmack­li­che Kom­po­nen­te oder Bin­de­mit­tel, ist die­ses Pro­dukt schlicht­weg Teil der gas­tro­no­mi­schen Basis. Zu unse­ren wich­tigs­ten Lie­fe­ran­ten für Eier aller Grö­ßen gehört der Han­sen­hof. Was sonst über tele­fo­ni­sche Bestel­lung und schnel­le Lie­fe­rung pas­sier­te, woll­te ich die­ses mal per­sön­li­che in Angriff neh­men. Und nicht zum ers­ten Mal stell­te ich fest, wel­ches viel­ver­spre­chen­de Poten­zi­al im per­sön­li­chen Besuch der Pro­du­zen­ten steckt. Denn nur durch rei­nen Zufall stieß ich auf dem Weg zur Erd­beer­ern­te in unse­rem Mor­su­mer Bau­ern­gar­ten beim Han­sen­hof in der hin­ters­ten Ecke auf unschein­ba­re Jung­hen­nen­ei­er, zier­lich, zart und frisch. Die per­fek­te Basis für den drit­ten Gang des Sylt-Menüs.

Die wei­te­ren Kom­po­nen­ten fand ich in Bra­de­r­up – die dicken Boh­nen – und auf dem Wochen­markt in Wes­ter­land – abso­lut frisch gefan­ge­ne und nur kurz abge­brüh­te Nord­see­krab­ben, bei denen jede Stun­de pulen sich lohn­te. Mehr brauch­te es nicht, um Sylt ein wei­te­res Mal geschmack­voll und unver­fälscht zu präsentieren.

– Der jugendliche Leichtsinn Sylts – 

  1. Gang: Salz­wie­sen­lamm aus Keit­um • Bra­de­ru­per Kar­tof­fel • Erb­se • Radieschen

Neben Strand­kör­ben, Rosen bewach­se­nen Dünen und Fisch­kut­tern zie­ren vor allem gra­sen­de Scha­fe das klas­si­sche Pan­ora­ma Sylts. Am Ran­tu­mer Becken ent­lang hat Thei­de Ander­sen neben sei­nen Rin­dern auch Salz­wie­sen­läm­mern ste­hen. Von der ers­ten Ver­kos­tung an war ich von der enor­men Qua­li­tät über­zeugt. In Abspra­che mit dem Inha­ber der Syl­ter Land­schlach­te­rei konn­te ich den genau­en Rei­fe­grad, die Zuschnit­te und gelie­fer­ten Ein­ge­wei­de mit­be­stim­men. Dies ermög­lich­te es mir, das Syl­ter Salz­wie­sen­lamm in all sei­nen Facet­ten her­aus­zu­ar­bei­ten und bei­spiels­wei­se in Form von feins­ten Filets, inten­si­vem Ragout oder aro­ma­ti­schem Past­ra­mi zu servieren.

Was es nun noch brauch­te, war die opti­ma­le Bei­la­ge. Und die­se soll­te ich ein wei­te­res Mal in Bar­de­r­up fin­den. Denn hier wächst und gedeiht ein beson­ders fei­nes Pro­dukt Sylts, so schlicht und doch her­aus­ra­gend: Kar­tof­feln. Ich lie­be Kar­tof­feln, vor allem in ihrer jun­gen, noch unschein­ba­ren Form. Neben den eigent­lich zwei Wochen zu früh aus der Erde gehol­ten Knol­len ern­te­te ich für mei­ne Vor­lie­be für fast schon zu jun­ge Jung­kar­tof­feln auch eini­ge miss­traui­sche Bli­cke der Bau­ern, da sie nie mit einem Abneh­mer für so ein Pro­dukt gerech­net hät­ten. Doch genau das ist das Schö­ne an Sylt und dem per­sön­li­chen Kon­takt mit den hie­si­gen Pro­du­zen­ten: Man kann genau das Pro­dukt bekom­men, was man braucht. Ich in mei­nem Fall habe also sehr sehr jun­ge und exor­bi­tant gute Kar­tof­feln für mei­nen vier­ten und vor­letz­ten Gang des Menüs bekom­men, das Sylt in all sei­nen Rei­fe­sta­di­en prä­sen­tie­ren soll­te. Leicht gepi­ckel­te Radies­chen aus dem eige­nen Gar­ten dazu. Fer­tig. Nicht mehr und nicht weniger.

– Die süße Seite Sylts – 

  1. Gang: Schwar­ze Johan­nis­bee­re aus unse­rem Gar­ten • Holz • Wach­hol­der • Joghurt

Nach all die­sen groß­ar­ti­gen Pro­duk­ten und Gän­gen ver­lang­te es am Ende nach einem ent­spre­chend wür­di­gen Fina­le – ein Des­sert so süß und frisch, wie die Insel und ihr Som­mer. Dass Eis da immer eine sehr gut Wahl ist, bedarf kei­ner gro­ßen Erläu­te­rung. Doch woll­te ich ein Syl­ter Eis, unver­wech­sel­bar und cha­rak­ter­stark. Und so wur­de es ein Holz­eis, her­ge­stellt aus frisch geho­bel­ten Holz­spä­nen eines Tin­nu­mer Tisch­lers, deren duf­ti­ges Aro­ma wir in Syl­ter Milch eini­ge Tage lang extrahierten.

Für die fruch­ti­ge Kom­po­nen­te sorg­te die reich­hal­ti­ge Ern­te unse­rer Schwar­ze Johan­nis­bee­ren-Sträu­cher im Mor­su­mer Bau­ern­gar­ten, die für uns ein wich­ti­ger, ganz­jäh­ri­ger Lie­fe­rant für abwechs­lungs­reich ver­wend­ba­re Pro­duk­te sind. Vor allem in den war­men Som­mer­mo­na­ten bie­ten sich die Bee­ren zur viel­fäl­ti­gen Ver­ar­bei­tung an und inspi­rier­ten mich zu Kom­pott und Gra­ni­té. Süß­dol­de und Wachol­der fina­li­sier­ten “Sylt pur”.

Anspruch und Ansporn für kommendes Jahr

Wie unser Küchen­team, konn­ten sich auch unse­re Gäs­te für die geschmack­li­che Diver­si­tät und den kuli­na­ri­schen Reich­tum der facet­ten­rei­chen Nord­see­insel begeis­tern. Die Reso­nanz war groß, die Genuss­mo­men­te zahl­reich. Zuge­ge­ben, man kam vom Hölz­chen zum Stöck­chen und die­se Art der krea­ti­ven und außer­ge­wöhn­li­chen Arbeit bedeu­te­te eine zusätz­li­che Her­aus­for­de­rung für uns im Söl’ring Hof. Doch die mehr als posi­ti­ve Rück­mel­dung ist Bestä­ti­gung, Moti­va­ti­on und täg­li­cher Ansporn für uns auf der Düne. Und so sind wir uns einig, dass etwas so Gutes, was so nah liegt, auch im kom­men­den Jahr kuli­na­risch gewür­digt wer­den muss. Schließ­lich ist genau jetzt die Zeit, das Kom­men­de zu planen.